Ich war heute auf einer Pressekonferenz des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, das sind die Lobbyisten der industriellen Energiewirtschaft. Die haben eine Umfrage vorgestellt, mit der der Energiemarkt 2040 skizziert werden soll.
Da wurde klar, dass Netzneutralität nicht mehr nur ein Thema fürs Internet ist, sondern schlicht für alle Netze. Hier: Strom.
Für ein System, das fast komplett aus erneuerbaren Energien gespeist wird, muss ja das komplette Stromnetz umgebaut werden: alles dezentral, alles digital, jeder ist Konsument und Produzent – wie das Internet. Angebot (Wind/Sonne) und Nachfrage (Waschmaschine, Alu-Hütte) müssen da immer im Gleichgewicht sein, weil ihnen sonst das Netz um die Ohren fliegt.
Um Angebot und Nachfrage besser regeln zu können, wollen die Lobbyisten das “Demand-Side-Management” intensivieren und verfeinern: Ist viel Strom da, soll er billiger werden, ist Strom knapp wird’s teuerer. Soweit, so ok.
Dann aber meinte ein an der Studie beteiligter Unternehmensberater, auch die „Versorgungssicherheit“ an sich könnte bald Geld kosten, sprich: Wenn ich wirklich und garantiert und immer Strom haben will (so wie jetzt), muss ich zukünftig extra zahlen.
Zitat von Norbert Schwieters von der Unternehmensberatung Price Waterhouse Coopers:
„Verfügbarkeit hat ihren Preis, für den Verbraucher und Unternehmen zahlen müssen. Es ist dabei denkbar, dass Versorgungssicherheit über Preissignale hergestellt wird, also über eine Anpassung der Preise die permanente Verfügbarkeit bezahlt wird. Vergleichen sie das etwa mit der Diskussion um einen schnellen Premium-Internet-Zugang. Das ist ja eine Diskussion, die im Moment ja gerade unter dem Stichwort Netzneutralität läuft. Vielleicht wird die Netzneutralität im Strom in Zukunft in Frage gestellt.“
Netzneutralität ist also nicht nur im Internet ein Thema. Auch in anderen dezentralen Netzen versuchen die mächtigen Player ihre Machtstellung auszunutzen und zu zementieren, in dem sie Selbstverständliches mit einem Preisschild bekleben.
Das wird noch interessant.
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Ich hab das nur auf die Schnelle überflogen, aber zumindest scheint es da schon gesetzliche Regelungen zu geben, die das ganze zumindest begrenzen:
http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Strommarkt-der-Zukunft/versorgungssicherheit.html
Müsste man sich aber mal genauer ansehen.
In der Wasser- und Stromversorgung sind die Kommunen zur Grundversorgung gesetzlich verpflichtet (Daseinsvorsorge, GG). Diese Versorgungssicherheit lässt sich, meines Wissens nach, nicht monetarisieren. Die aufgezeigte Diskussion zeigt sehr gut, warum bestimmte Aufgaben in kommunale Hand gehören und Rekommunalisierungen der richtige Weg sind, gerade vor dem Hintergrund der Energiewende und der digitalen Transformation. Kommunen und Kommunale Unternehmen müssen ihre Position als neutrale “Clearing Stelle” stärker machen und ausbauen.