Flashkartenrekorder Marantz PMD 660

Hier noch ein etwas älterer Erfahrungsbericht nachgereicht:

Ich hatte Gelegenheit den PMD 660 von Marantz zu testen und da ich feststellen musste, dass man um 4 morgens am Berliner Ostbahnhof keine Zeitung kaufen kann und der erste Umsteig 2,5 Stunden entfernt liegt, will ich Euch meine Erfahrungen nicht vorenthalten.

Vorteile:

  • Der Marantz steckt in einem sehr robusten Plastikgehäuse, das auch Stöße und unsanfte Behandlung schadlos überstehen dürfte.
  • Die Mikrofoneingänge sind zwei Mono-XLR-Buchsen, also sehr solide Verbindungen, bei denen die Stecker einrasten, nicht rausrutschen oder wackeln. Um ein Stereo-Mikrofon anschließen, braucht man ein Kabel, das in zwei männlichen Mono-XLR-Steckern endet. Für mein Sony ECM 957 musste ich mir so ein Teil löten lassen (15 Euro).
  • Line out und line in sind kleine Klinken-Buchsen. Über die XLR-Buchsen lässt sich auch ein Line-Signal aufnehmen. Denn für alle Eingänge kann man die Dämpfung von -20dB ein-/abstellen.
  • Neben Line-in und externem Mikro kann man auch mit einem internem Mikro aufnehmen, das aber bestenfalls Diktafon-Qualität liefert.
  • Man kann eine kabelgebundene Fernbedienung anschließen.
  • Die Aussteuerung wird entweder manuell (großer Drehregler an Frontseite wie einst beim Sony Professionell Tape-Rekorder) oder automatisch geregelt. Die Automatik funktioniert gut. LED zeigen den Pegel deutlich an.
  • Die Tasten sind groß und gut zugänglich platziert. Das Display ist beleuchtet. Während der Aufnahme lassen sich – wie von MD-Rekordern bekannt – Trackmarks setzen, ein Druck auf die Aufnahme-Taste genügt. Das Gerät erzeugt dann für jeden Track eine einzelne Audio-Datei, die die Nummer des Tracks im Namen trägt (Bsp: MZ00028.mp3) Der Marantz bietet eine rudimentäre Schnitt-Funktion. Unabhängig von den Track-Marks lassen sich In- und Out-Punkte setzen, die so genannte virtuelle Tracks markieren. Diese virtuellen Tracks lassen sich dann anwählen wie reguläre Tracks. Man kann sie aber auch in reguläre T racks verwandeln. Dann wird aus dem virtuellen Track eine neue Datei erzeugt und am Ende der Disk abgelegt. So kann man zumindest Anfang und Ende seiner O-Töne markieren und sie als Dateien am Ende der regulären Aufnahme hintereinander ablegen. Bei Live-Sachen könnte man sie so direkt aus dem Marantz zuspielen. Theoretisch kann man auch den Autoren-Text einsprechen und Text wie Töne in der richtigen Reihenfolge ans Ende kopieren, fertig ist der Beitrag ;-) Zugegeben, ist sehr roh und stottern dürfen die Interviewpartner auch nicht. Aber die virtuellen Tracks könnten dennoch ein brauchbares Feature sein.
  • Die Audio-Dateien gelangen auf zwei Wegen in den Rechner:
  • a) CF-Karte aus dem Rekorder ziehen und in Kartenslot des Rechners stecken – soweit vorhanden.
  • b) Rekoder per USB-Kabel mit Rechner verbinden. Rekorder wird ohne zusätzliche Treiber als externes Laufwerk erkannt und präsentiert die Audio-Dateien.
  • Gespeichert werden die Aufnahmen auf einer CompactFlash-Karte. Auf eine 1 GB-Karte (rund 80 Euro) passen je nach Aufnahmeformat 44 oder 48 Minuten (PCM) oder 8 Stunden 56 (MP3), bei stereo jeweils die Hälfte. Der Einschalt-Knopf ist ein Schieberegler an der Seite. Erst dachte ich: Ungünstig, weil man leicht dagegen kommt und den Rekorder dann ausschaltet. Doch während der Aufnahme lässt sich das Gerät nicht abschalten ;-)
  • 48V-Phantomspeisung erlaubt den Anschluss von Kondensator-Mikrofonen ohne eigene Batterie.
  • Gerät akzeptiert Mignon-Baterrien (4 Stück), die hinter eine sehr robusten Klappe sitzen. Kein interner Akku.
  • Das Gerät hat einen externen Lautsprecher, der aber sehr blechern, fast telefonartig klingt.

Nachteile:

  • Das Gerät ist recht groß und nur mit zwei Händen zu bedienen.
  • Das Gerät akzeptiert nur CF-Karten einer bestimmten Marke.
  • Das Gerät erkennt nicht automatisch, ob ein Signal über Line-in oder das externe Mik reinkommt. Die Aufnahme-Quelle muss im etwas umständlich zu bedienenden Menü eingestellt werden. Allerdings: Es lassen sich drei Presets definieren, die verschiedene Parameter vereinen (z.B.: MP3, 44,1 kHz, mono, ext. Mikrofon, -20 dB) Es stehen nur wenig Aufnahmeformate zu Verfügung: PCM 48 kHz, PCM 44,1 kHz, MP3 44,1 kHz, MP3 48 kHz.
  • Grenzwertig: MP3-Aufnahmen werden immer mit 64 kbit/s (mono) bzw. 128 kbit/s (stereo) erstellt. Für O-Töne reicht das gerade so, würde ich sagen.
  • Keine digitalen Audio-Ausgänge.
  • Batterieanzeige ist nicht sehr aussagekräftig. Aber ein Piepser warnt kurz vor Saftende. Aufnahmen gehen dank Flash beim Abschalten nicht verloren.
  • USB-Transfer zum Rechner nur per USB 1.1, was bei großen Dateien schnell mal ein paar Minuten dauern kann.
  • Sehr nervig: USB-Transfer klappt nur mit angeschlossenem Netzteil.
  • Wie in der Sportschau das Beste zum Schluss: Der Verstärker des externen Mikrofons ist schlecht. Aufnahmen mit externem Mik rauschen deutlich hörbar, subjektiv sogar lauter als bei meinem Mini-Disc-Rekorder (Sony MZ B-100). Die c´t ermittelte eine Rauschabstand von, glaube ich, -57 dB. Für rund 600 Euro erwartet man mehr. Für mich ist das der Grund, das Gerät nicht zu kaufen.

FAZIT: In einem robusten Gehäuse mit robusten Anschlüssen steckt alte Technik. Handhabung ist okay, Track-Management ist gut. Drei Dinge halten mich aber vom Kauf ab: USB-Transfer nur mit Netzteil, zu wenig Aufnahmeformate – und vor allem: schlechter Mikrofonverstärker. Die c´t testet in der aktuellen Ausgabe neben dem Marantz noch zwei weitere digitale Audio-Rekorder. Die haben offenbar alle einen besseren Mik-Eingang, dafür aber andere – wie ich finde – schwerwiegende Nachteile (klappriges Gehäuse, nur Mini-Klinke etc.). Wer viel im Sender arbeitet, sollte sich in jedem Fall überlegen, wie die Dateien ins System kommen. Kartenleser habe ich noch nirgends gesehen und USB-Eingänge liegen oft noch an der Rechner-Rückseite – wenn sie nicht völlig abgeschaltet sind. Müssen die Aufnahmen über den Line-Ausgang in Echtzeit eingespielt werden, droht höhnisches Gelächter der Kollegen. Ein heißer Kandidat ist also von hier aus nicht in Sicht. Vielleicht hat´s Euch dennoch etwas gebracht. Umsteigebahnhof ist jedenfalls gleich erreicht.

4 Gedanken zu „Flashkartenrekorder Marantz PMD 660“

  1. Maycom Handheld ist eine Alternative, kommt aus den Niederlanden und kostet bei EMT Studiotechnik im Alleinvertrieb als Aktionspreis im Reporterkit ab 650 Euro. Das Gerät ist klein und ein bißchen klapprig vom Gehäuse her, liefert aber Spitzen-Aufnahmequalität ohne jedes Rauschen und bei super einfacher Ein-Hand-Bedienung. Ist aber insgesamt eher etwas anfällig.

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